📌 Der Fall: Zwei Mitarbeiter, Remote Work aus Polen
Ein deutsches Unternehmen aus einer internationalen Gruppe beschäftigt zwei Mitarbeiter mit Wohnsitz in Polen. Beide arbeiten im Homeoffice – einer davon vollständig von zu Hause, der andere kombiniert Homeoffice mit Kundenbesuchen in Polen. Sie sind auf polnische Arbeitsverträge angestellt, verwenden Firmengeräte, und erhalten Kostenersatz für Internet & Co.
Die Firma hatte gehofft:
➡️ Kein Büro in Polen,
➡️ Keine Vertragsvollmachten,
➡️ Homeoffice als flexible Arbeitsform
= keine Betriebstätte in Polen.
Doch die polnische Finanzverwaltung kam zu einem anderen Ergebnis – und lehnte die im Antrag auf verbindliche Auskunft (verbindliche Auskunft vom 24.01.2024) dargestellte Auslegung ab.
⚖️ Ergebnis: Betriebstätte besteht seit 2018
Die polnischen Steuerbehörden stellten klar:
„Die Mitarbeiter führen wesentliche Aufgaben der Unternehmensstrategie aus. Die Arbeit erfolgt dauerhaft von Polen aus, mit bereitgestellter Infrastruktur – das begründet eine feste Geschäftseinrichtung im Sinne des DBA und des polnischen Steuerrechts.“
Und noch deutlicher:
📌 Die Betriebstätte besteht nicht erst seit 2023, sondern rückwirkend ab dem 1. September 2018 – dem Datum, an dem die Arbeitsverträge in Polen geschlossen wurden.
🧠 Begründung der Behörden
Die Tätigkeit der polnischen Mitarbeiter erfüllt alle Voraussetzungen für eine steuerliche Betriebsstätte:
- Regelmäßige Nutzung eines festen Ortes (eigene Wohnung, Homeoffice),
- Bereitstellung von Equipment durch das Unternehmen (Laptop, Software, Telefon, Drucker),
- Enger Bezug zur Kerntätigkeit des Unternehmens (Projektmanagement, Qualitätskontrolle, Schulungen),
- Langfristige organisatorische Einbindung in das Unternehmen,
- Keine nur vorbereitende oder unterstützende Tätigkeit.
Ein formales Nutzungsrecht am Homeoffice sei laut OECD-Kommentar nicht erforderlich, entscheidend sei die faktische Verfügungsmacht.
⚠️ Was bedeutet das für deutsche Unternehmen?
Wenn Sie Mitarbeitende mit Wohnsitz in Polen beschäftigen, selbst nur wenige, sollten Sie aufmerksam prüfen, ob:
✅ diese Mitarbeiter dauerhaft und regelmäßig für Sie tätig sind,
✅ ihre Aufgaben nicht nur unterstützenden Charakter haben,
✅ sie Ausstattung oder Support vom Unternehmen erhalten,
✅ sie als Teil der operativen Struktur eingebunden sind.
Denn schon bei wenigen Mitarbeitern kann aus polnischer Sicht eine Betriebstätte entstehen – mit erheblichen Folgen:
- Polnische Körperschaftsteuerpflicht (CIT)
- Verpflichtung zur Gewinnaufteilung (Transfer Pricing)
- Notwendigkeit zur Registrierung und Steuererklärung in Polen
💡 Steuerlich ein Vorteil?
Nicht unbedingt.
Bei nur ein oder zwei Mitarbeitern ist der Steuervorteil in Polen gegenüber Deutschland begrenzt – vor allem durch den Aufwand der steuerlichen Umsetzung.
➡️ Erst bei größeren Strukturen wie Shared Service Centern oder Remote-Teams kann sich ein echter steuerlicher Effekt einstellen.
Gleichzeitig ist zu beachten:
⚠️ Wenn eine Betriebstätte rückwirkend anerkannt wird – wie im vorliegenden Fall ab 2018 – drohen erhebliche Konsequenzen:
- Nachzahlung der polnischen Körperschaftsteuer für die zurückliegenden Jahre,
- Zinsen für verspätete Zahlungen,
- Mögliche steuerstrafrechtliche Konsequenzen,
da der Unternehmer erst im Nachhinein versucht hat, den steuerlichen Status der beiden in Polen tätigen Mitarbeiter zu klären.
Fazit:
Ein möglicher steuerlicher Vorteil sollte niemals ohne vorherige Prüfung der Pflichten bewertet werden. Bei grenzüberschreitender Remote-Arbeit gilt:
📌 Pflichten zuerst prüfen – erst dann gestalten.
✅ Unsere Empfehlung
🔍 Lassen Sie Ihre Remote-Strukturen in Polen prüfen – aus polnischer Sicht.
📑 Klären Sie, ob eine Betriebstätte im Sinne des DBA PL-DE entsteht.
📊 Bereiten Sie Transfer Pricing-Dokumentation vor, bevor es zu Betriebsprüfungen kommt.
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- Kommunikation mit dem polnischen Finanzamt
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