Polnische Restrukturierungsverfahren bieten Unternehmen die Möglichkeit, ihre wirtschaftliche Lage unter gerichtlichem Schutz zu sanieren. Für Gläubiger ist eine fundierte Kenntnis der Abläufe entscheidend, um ihre Ansprüche wirksam geltend zu machen.
Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die wichtigsten Verfahren und erläutert die konkrete Vorgehensweise bei der Abstimmung über einen Vergleich (układ).
Arten der Restrukturierungsverfahren in Polen
Im polnischen Recht existieren vier Formen von Restrukturierungsverfahren:
- Verfahren zur Bestätigung eines Vergleichs (Postępowanie o zatwierdzenie układu) – schnelles, außergerichtliches Verfahren mit gerichtlicher Bestätigung des Vergleichs,
- Beschleunigtes Vergleichsverfahren (Przyspieszone postępowanie układowe, PPU) – gerichtliches Verfahren bei geringer Anzahl bestrittener Forderungen,
- Vergleichsverfahren (Postępowanie układowe) – gerichtliches Verfahren bei höheren Streitwerten,
- Sanierungsverfahren (Postępowanie sanacyjne) – komplexes Verfahren mit Restrukturierungsmaßnahmen und Eingriffsmöglichkeiten des Verwalters.
Die Rolle der Gläubiger in Restrukturierungsverfahren
Gläubiger nehmen eine zentrale Rolle in polnischen Restrukturierungsverfahren ein:
- Sie melden ihre Forderungen an,
- prüfen die vorgeschlagenen Sanierungspläne,
- und stimmen über die Annahme eines Vergleichs ab.
Die Wirksamkeit eines Vergleichs hängt maßgeblich vom Abstimmungsergebnis ab.
Das Verfahren der Abstimmung über den Vergleich – Schritt für Schritt
1. Erstellung und Verteilung des Vergleichsvorschlags
Der Schuldner (ggf. unterstützt durch einen Restrukturierungsverwalter) erstellt einen Restrukturierungsplan und einen Vergleichsvorschlag. Dieser muss Angaben enthalten zu:
- den Gläubigergruppen,
- den vorgesehenen Rückzahlungsquoten,
- den Sicherheiten,
- den geplanten Restrukturierungsmaßnahmen.
Gläubiger werden über den Vorschlag informiert – entweder direkt oder durch öffentliche Bekanntmachungen.
2. Bildung von Gläubigergruppen
Gläubiger werden entsprechend der Art ihrer Forderungen in Gruppen eingeteilt (z.B. gesicherte Forderungen, Arbeitnehmerforderungen, ungesicherte Forderungen).
3. Durchführung der Abstimmung
Die Abstimmung kann:
- im elektronischern Verfahren (durch die elektronische Übermittlung der Stimmzettel) oder
- in einer Gläubigerversammlung
durchgeführt werden.
Die Einladung zur Versammlung erfolgt mindestens zwei Wochen im Voraus. Bei der Abstimmung sind bestimmte Mehrheiten erforderlich:
- In jeder Gruppe müssen mindestens 2/3 der abgestimmten Forderungssummen sowie mindestens die Hälfte der Anzahl der abstimmenden Gläubiger für den Vergleich stimmen.
Nur bei Erreichen dieser Quoten kann der Vergleich angenommen werden.
Art des Verfahrens | Wer führt die Abstimmung durch? | Art der Abstimmung | Mehrheit für die Annahme | Besondere Hinweise |
---|---|---|---|---|
Verfahren zur Bestätigung eines Vergleichs (PZU) | Schuldner mit Unterstützung des Vergleichsbetreuers | Elektronische Abstimmung über das KRZ | In jeder Gruppe: 2/3 der Forderungssumme + 1/2 der Gläubigeranzahl | Optional: Einberufung einer Gläubigerversammlung möglich |
Beschleunigtes Vergleichsverfahren (PPU) | Gericht (Richter-Kommissar / gerichtlich bestellter Aufseher) | Elektronische Abstimmung über das KRZ | In jeder Gruppe: 2/3 der Forderungssumme + 1/2 der Gläubigeranzahl | – |
Vergleichsverfahren | Gericht (Richter-Kommissar / gerichtlich bestellter Aufseher) | Elektronische Abstimmung über das KRZ | In jeder Gruppe: 2/3 der Forderungssumme + 1/2 der Gläubigeranzahl | – |
Sanierungsverfahren | Gericht (Richter-Kommissar / Verwalter) | Elektronische Abstimmung über das KRZ | In jeder Gruppe: 2/3 der Forderungssumme + 1/2 der Gläubigeranzahl | – |
4. Genehmigung durch das Gericht
Nach erfolgreicher Abstimmung wird der Vergleich dem Gericht zur Bestätigung vorgelegt. Das Gericht prüft insbesondere, ob die gesetzlichen Voraussetzungen eingehalten wurden und ob der Vergleich Gläubiger nicht unangemessen benachteiligt.
Erst mit gerichtlicher Bestätigung wird der Vergleich rechtskräftig und bindend für alle beteiligten Gläubiger.
Vertretung durch einen Bevollmächtigten
Gläubiger müssen nicht persönlich an der Abstimmung teilnehmen.
Das polnische Restrukturierungsrecht erlaubt die Vertretung durch einen Bevollmächtigten (pełnomocnik).
Ein Bevollmächtigter kann:
- die notwendigen Unterlagen entgegennehmen,
- für den Gläubiger über den Vergleich abstimmen,
- Erklärungen abgeben oder entgegennehmen,
- die Kommunikation mit dem Gericht und dem Restrukturierungsverwalter führen.
Die Vollmacht muss schriftlich erteilt und beglaubigt übersetzt werden, insbesondere wenn der Gläubiger der polnischen Sprache nicht mächtig ist. Handelt es sich bei dem Gläubiger um eine deutsche, schweizerische oder österreichische Gesellschaft, müssen auch die Handelsregisterauszüge beglaubigt ins Polnische übersetzt werden.
Auf Wunsch unterstütze ich Sie als polnischer Steuerberater, Restrukturierungsberater und vereidigter Übersetzer bei der Wahrnehmung Ihrer Rechte im Verfahren – einschließlich der formgerechten Erstellung und Abwicklung der Vollmacht.Im Rahmen meiner Tätigkeit als polnischer Steuerberater (Doradca Podatkowy), Restrukturierungsberater (Doradca Restrukturyzacyjny) und vereidigter Übersetzer für Deutsch-Polnisch stehe ich Ihnen bei der rechtssicheren Ausübung Ihrer Rechte und Pflichten gerne zur Verfügung.
Darüber hinaus prüfe ich als polnischer Steuerberater die steuerlichen Folgen der Restrukturierung in Polen und unterstütze Sie bei der steueroptimalen Gestaltung Ihrer Forderungsdurchsetzung. Sämtliche erforderlichen Übersetzungen können ebenfalls direkt bei mir angefertigt werden. Als vereidigter Übersetzer garantiere ich, dass diese Übersetzungen von polnischen Gerichten und Behörden anerkannt werden.
Fazit
Polnische Restrukturierungsverfahren bieten Gläubigern die Möglichkeit, ihre Ansprüche aktiv zu sichern, erfordern jedoch schnelles und gut vorbereitetes Handeln. Eine sorgfältige Analyse der Unterlagen, präzise Forderungsanmeldung und die Beteiligung an der Abstimmung sind entscheidend.
Bei Bedarf stehe ich Ihnen gerne beratend und unterstützend zur Seite, um Ihre Interessen im Rahmen polnischer Restrukturierungsverfahren effizient zu vertreten.